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Befragung sehbehinderter Personen

Dieses Kapitel skizziert die Barrieren, die Blinde und Sehbehinderte im Internet erwarten. Insbesondere wird erläutert, was diese Barrieren für die praktische Gestaltung eine Onlinefragebogens bedeuten.

Die mittels SoSci Survey erstellten Fragebögen sind grundsätzlich barrierefrei. Insbesondere können Nutzer eines Screenreaders während des Interviews in einen barrierefreien Modus wechseln. In diesem Modus werden einige Fragetypen anders dargestellt, um das Vorlesen im Screenreader zu unterstützen.

Wichtig: Sollte Ihr Fragebogen aus methodischen Gründen prinzipiell nicht für Menschen mit Sehbehinderung geeignet sein (z.B. weil er mit visuellen Stimuli arbeitet), wählen Sie in Fragebogen zusammenstellen → Karteireiter Einstellungen → Einstellung ScreenReader-Modus die Option, dass der Fragebogen nicht für Screenreader geeignet sei. Der Fragebogen enthält dann anstatt des Umschalters in den barrierefreien Modus einen entsprechenden Hinweis, der nur für Screenreader ersichtlich ist.

Internetnutzung von Blinden und Sehbehinderten

Blinde und Sehbehinderte müssen im Gegensatz zu Normalsehenden gewisse technische Hindernisse bei der Internetnutzung überwinden. Da das Internet größtenteils optisch ausgerichtet ist und sich ständig (technisch) weiterentwickelt, ist es eine Herausforderung, Angebote und Funktionen für diese Gruppe zugänglich zu machen.

Blinde verwenden zur Arbeit am Computer in aller Regel einen Screenreader. Dies ist eine Hard- oder Softwarekomponente, welche den Inhalt des Bildschirms von links oben nach rechts unten einliest und in Blindenschrift oder Sprache umwandelt. Die Blindenschrift wird auf einer Braillezeile angezeigt, die sich unter der Tastatur befindet; die Sprache wird von einer synthetischen Stimme vorgelesen.

Sehbehinderte verwenden je nach Stärke der Seheinschränkung unterschiedliche Hilfsmittel. Bei geringem Sehrest wird meist auf Großbildsysteme zurückgegriffen – Software, die den Bildschirminhalt bis zu 60-fach vergrößern kann. Außerdem liefern auch die unterschiedlichen Betriebssysteme Vergrößerungsmöglichkeiten, z.B. kann Windows den Mauszeiger vergrößern, eine Bildschirmlupe verwenden (die ähnlich wie eine Vergrößerungssoftware funktioniert) oder den Kontrast der Darstellung erhöhen.

Zusätzlich zu den technischen Hilfsmitteln, welche die Zugänglichkeit erst ermöglichen, ist es für diese Nutzergruppe aber besonders wichtig, dass das Internet benutzerfreundlich gestaltet ist. Allen Formen der Darstellung oder des Vorlesens haben beispielsweise gemeinsam, dass sie stets nur einen kleinen Teil des Bildschirms wiedergeben – etwa eine einzelne Frage. Übersichtlichkeit ist daher noch wichtiger als ohnehin schon.

Elemente wie dynamische Inhalte, PopUps, schlecht beschriftete Frames, unbeschriftete Grafiken, Newsticker, Flash-Animationen, Java-Applets, Java-Scripts, Captchas, unübersichtliche Navigationsleisten, schlechte Kontrastierung u.v.m. stellen oft unüberwindbare Hindernisse für die Nutzung dar. Es ist also allgemein zu empfehlen, ein möglichst einfaches, auf HTML und CSS basierendes Design zu wählen, das ohne (meist unnötige) technische Finessen auskommt.

Praktische Tipps für Onlinebefragungen unter Blinden und Sehbehinderten

Die oben erwähnten Punkte treffen grundsätzlich auch für Onlinebefragungen zu. So ist auch hier auf ein möglichst einfaches Design zurückzugreifen, sowohl optisch als auch in Bezug auf die Programmierung. Der barrierefreie Modus von SoSci Survey verzichtet bei vielen Fragen etwa auf die sonst verwendeten Tabellengerüste zur Darstellung und die Standard-Layouts sind auch schlicht gehaltet. Verwendet man ein eigenes Layout, sollte man dies auf Barrierefreiheit testen.

Der Übersichtlichkeit ist es zuträglich, wenn auf einer Fragebogenseite nur eine Frage oder maximal zwei kurze Fragen gestellt werden. Außerdem ist es sinnvoll, auf eine Fragebogenseite möglichst wenige Links zu stellen, da diese vom Screenreader jedes Mal ausgelesen werden und den Befragungsverlauf deshalb negativ beeinflussen könnten.

Es ist von Vorteil, wenn eine längere Seite durch viele (Unter-)Überschriften gegliedert wird (HTML-Tags <h1>, <h2>, <h3>), da diese dem Screenreader Sprünge erlauben, so dass die Abschnitte einer Seite nicht komplett gelesen werden müssen. Dies entspricht in etwa dem Scan-Blick des sehenden Nutzers. Zudem ist darauf zu achten, dass ein kontrastreiches Design gewählt wird, das auch für besondere Sehbehinderungen leicht zu überblicken ist.

Bei der Gestaltung der einzelnen Fragen ist vor allem die Beschriftung der verschiedenen Antwortmöglichkeiten notwendig – auch darum kümmert sich SoSci Survey in aller Regel automatisch. Bei Skalen gelingt dies besser, wenn alle Auswahloptionen beschriftet sind, nicht nur die Extrema. Wenn man bspw. eine fünfstufige Skala verwendet, die zwischen den Polen „trifft voll und ganz zu“ und „trifft gar nicht zu“ abstuft, müssen auch die drei Punkte dazwischen beschriftet werden.

Blinde und Sehbehinderte behalten nicht immer den Überblick über die Antwortskala (Matrixfrage). Daher ist es wichtig, bei jeder einzelnen Frage genau darauf einzugehen, wie die Frage zu beantworten ist. Schließlich kann der Nutzer nicht auf den ersten Blick erfassen, welche Skala er vor sich hat.

Unumgänglich ist außerdem, dass der Weiter-Button ebenfalls eine geeignete Beschriftung erhält und sich nicht zu weit unter der Frage befindet, damit er auch mit einer hohen Vergrößerungsrate nicht übersehen werden kann (wenn er sich zu weit unten am Bildschirm befindet).

Wichtige Optionen in SoSci Survey

Skalen-Zwischenwerte

Skalen sind für Screenreader eine große Herausforderung. Die Skalenbeschriftungen inkl. visueller Verankerung (Balken) soll für Personen mit Sehrest erhalten bleiben. Gleichzeitig sollen in der visuellen Darstellung häufig nur die Extrema der Skala (z.B. „stimme ich überhaupt nicht zu“ und „stimme ich voll zu“) angezeigt werden.

Damit Screenreader bei den Eingabe- bzw. Auswahlfeldern trotzdem auch Zwischenwerte vorlesen, geht man wie folgt vor:

  1. Alle Zwischenwerte der Skala eintragen.
  2. Das Häkchen bei Zwischenwerte → anzeigen entfernen.

Alle Eingabefelder werden dann korrekt aber unsichtbar beschriftet (sichtbar dann, wenn man mit der Maus darüber fährt und kurz wartet), im Kopf der Skala werden aber nur die Extremwerte angezeigt.

Layout des Fragebogens

Bei der Auswahl des Fragebogen-Layouts sollten Sie zwei Aspekte im Blick behalten:

  1. Mehrspaltige Layout (z.B. mit einem Logo auf der linken Seite) sind komplexer und damit schwieriger vom Screenreader zu beschreiben.
  2. Das Layout sollte – mehr noch als normal – hohe Kontraste und große Schrift verwenden. Sowohl Farben als auch Schriftgrößen lassen sich unter Fragebogen-Layouts manuell anpassen (ggf. muss dafür zunächst ein neues Layout aus den verfügbaren Vorlagen erstellt werden).

Fragebogen vorlesen lassen

Eine geringfügig eingeschränkte Version des Screenreaders JAWS für Windows kann man vom Hersteller Freedom Scientific herunterladen: Die eingeschränkte Version muss lediglich nach 40 Minuten beendet und neu gestartet werden. Auch wenn die Benutzung für einen Normal-Sehenden zunächst sehr ungewohnt ist, ist ein kleiner Test des Fragebogens im Screenreader sehr aufschlussreich.

Wer weniger Zeit investieren will, installiert das PlugIn Fangs Screen Reader Emulator für den Browser Mozilla Firefox. Dieses PlugIn zeigt Websites in einer Textdarstellung, wie ein Screenreader sie vorlesen würde.

de/create/barriers_visual.1435843120.txt.gz · Zuletzt geändert: 02.07.2015 15:18 von ncruz
 
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